In der flippig hippen Werbeszene tummelt sich ein wahrhaft illustres buntes Völkchen. Hier spreizen kreative Pfauen ihre Federn, hier wird sogar Kuhmist auf Hochglanz poliert, und Hamster auf Koks beschleunigen im Laufrad auf tödliche Warp-Geschwindigkeit. Kein Wunder, dass die internationale Filmbranche die schillernde Welt des Marketing und ihrer Macher als unerschöpflichen Ideensprudel entdeckt hat.
Und weil im Reklame-Reich der Marketing Manager auch schon ohne die Anwesenheit von Filmregisseuren das schrille pralle Agenturenleben hemmungslos tobt, findet sich in den für die Kinoleinwand aufbereiteten Spielhandlungen neben einer winzigen Prise Fiktion immer auch eine recht mächtige Portion Wahrheit wieder. Darum sind gute Filme, die sich rund um das Thema Marketing- und Werbeagenturen drehen, sowohl für interessierte Laien als auch für berufserfahrene Insider ebenso erheiternd wie lehrreich. Selbst gestandene Marketing- und Werbefachleute kommen hier ins fachkundige Schmunzeln, vielleicht sogar ins schmerzhaft realistisch zustimmende Auflachen und auf jeden Fall in den Prozess der kritischen Selbstreflektion, falls der geniale Geist gerade mal frei von psychotropen Substanzen sein sollte.
All dies sind gute Gründe, sich dem Thema Marketing einmal ganz praxisnah von seiner cineastischen Seite zu nähern. Deshalb sollen im nachfolgenden Beitrag exemplarisch drei äußerst sehenswerte Streifen vorgestellt werden, die den „Mythos Marketing“ in bestürzend tiefer Sach- und Fachkenntnis humorig bis horribel aufs Korn nehmen. Also: Licht aus, Vorhang auf und Film ab!
Haferbrei macht sexy (UK, 1970)
Labberig schlabberiger Haferbrei gehört nicht unbedingt zu den Selbstläufern im Supermarktregal. Darum wird eine profunde Agentur, in der Werbetexter Teddy (beispiellos furios: Marty Feldman) den Griffel schwingt, mit der bahnbrechenden Vermarktung der geschmacklosen Geschmacklosigkeit beauftragt. Nun muss der von seinen überschäumenden Hormonen und von seiner schmerzhaft eng sitzenden Samthose geplagte Teddy einen Dreh finden, um dem Publikum die Pampe schmackhaft zu machen. Dabei fällt Teddy, dem permanent erektionsgeplagten Erotomanen, natürlich nur die alte Maxime „Sex Sells“ ein. Stimmt ja auch. Nur wie fördert das Spiel der Liebe den Abverkauf von Haferbrei? Das kann nur eine atemberaubend attraktive schwedische Nanny so wirklich sinnlich erklären…
Haferbrei macht sexy (Every Home Should Have One) wird Sie auch dann herrlich amüsieren, wenn Sie gänzlich abseits aller Marketing-Schienen einfach nur auf den knallengen quietschbunten Retro-Charme der ausgehenden 1960er Jahre stehen, oder wenn der unvergessene Augen-Akrobat Marty Feldman Ihre Lachmuskeln schon immer bestens strapaziert hat.
Thank You for Smoking (USA, 2005)
Raucher sind echte Kerle, anbetungswürdige Patrioten und ganze Männer. Um diese kernig markante Botschaft im Dienste der Kaufkraft authentisch und nachhaltig zu transportieren, macht der begnadete PR-Prinz Nick Naylor (befremdlich sympathisch: Aaron Eckhart) vor keinem Marketing-Schachzug halt. Seine bestens honorierte Loyalität zum lukrativen Lungenbrötchen bezahlt Nick allerdings eines verrauchten Tages mit einem ziemlich kreativen Anschlag auf sein Leben: Entführer entkleiden ihn und verhüllen seine nackte Haut mit Dutzenden von Nikotinpflastern, deren dröhnende Dosis einen Bären hätte töten können. Doch Nicks Stoffwechsel, an einen beachtlichen Tabakkonsum gewöhnt, steckt den Angriff gerade eben noch einmal weg. Allerdings wäre jetzt jede weitere Zigarette die letzte. Und so muss Nick von jetzt auf gleich eine rutschige Gratwanderung zwischen seinem bigotten Berufsleben, seiner persönlichen Situation und seinen im Nebel liegenden Zukunftsperspektiven hinlegen. Wird ihn seine geschliffene Krisen-PR vor dem eigenen Untergang retten? Oder werden ihn kanzerogene Rauchschwaden gleich einem Nebel des Grauens ins Verderben führen?
In Thank You for Smoking bekommt nicht nur die dreifach chemisch gereinigte Werbebranche, sondern auch die geldgierige Tabaklobby und die wendehälsige Politikerbrut ordentlich was auf die Glocke. Selbst der legendäre Marlboro-Mann hat hier noch einmal das Wort. Auch und gerade für starke Nichtraucher mit oder ohne Affinität zu real existierendem Marketinggebaren ein zündender Genuss.
Neununddreißigneunzig (F, 2007)
Octave Parango (als perfides Pudernäschen: Jean Dujardin) verkörpert das Idealbild des modernen Marketing Meisters: Kohle ohne Ende, Szenedrogen bis zum Abwinken und mehr Models auf dem Kerbholz als Leonardo DiCaprio. Im erfolgsverwöhnten Dauerrausch glaubt Octave, dass ihm das Schicksal auf ewig hold sein würde. Doch eine problematische Affäre (und die eine oder andere zu weiße Nase bei Kundenpräsentationen) ziehen ihm den Boden unter den Füßen weg, und sein Luxusleben auf der Überholspur lässt ihn in sämtliche Abgründe der morbiden Marketing-Welt schlittern. Was ist hier noch echt, und was ist Reklame? Wer kann das wissen, wenn Welt und Werbung maliziös ineinanderfließen? Octave weiß es jedenfalls nicht mehr. Oder?
Obwohl der Film Neununddreißigneunzig bestens für sich alleine stehen kann, ist die 2001 erschienene Romanvorlage gleichen Titels aus der Feder von Frédéric Beigbeder um ein Vielfaches brutaler, beißender und blutiger. Wenn Sie also wissen wollen, wie es bei Werbers in der Marketingabteilung wirklich völlig ungeschminkt ab- und zugeht, dann gönnen Sie sich das elitäre Vergnügen und lesen Sie das Buch, das in der vorzüglichen Übersetzung von Frau Brigitte Grosse ohne Abstriche überzeugt.
Mein persönliches Fazit
Aus guten Filmen kann man wirklich eine ganze Menge fürs Leben lernen. Und sogar hier und da herzhaft dabei ablachen.